Die Deutschen Meisterschaften der IIG 2018
Es ist immer ein bisschen wie nach Hause kommen. Die Turniere der IIG sind familiär und freundschaftlich. Schnuckelig könnte man fast sagen. Vereine sehen sich nach langer Zeit wieder. Trainer tauschen sich aus und Tänzer geben sich gegenseitig Tipps. Die Jury isst in der Mittagspause dieselbe Bratwurst wie die kleine Tänzerin aus Jülich, Mücheln oder Strullendorf. So war es auch bei den Deutschen Meisterschaften am 5. und 6. Mai im Saalbau Griesheim in Frankfurt. Die Meisterschaft brauchte keine 10.000 Menschen, keine Lasershow oder großes Trara. Das pure Tanzen und die Freude daran standen im Mittelpunkt. 27 Vereine hatten sich für die beiden Tage qualifiziert. Am Sonntag gingen bei den „Senioren“ ab 16 Jahren insgesamt 42 Solos, Duos und Gruppen in 13 Disziplinen an den Start – sieben in der Aufsteigerklasse, 35 in der Leistungsklasse. Im Gegensatz zum Juniorenturnier am Samstag war das vergleichsweise wenig. Doch mehr hatten sich schlicht nicht qualifiziert. Es ist nicht so, dass die Starter fehlen. Aber in diesem Jahr hatte es für viele einfach nicht für die begehrte Punktzahl von mindestens 8,0 von 10,0 möglichen Punkten gereicht, um sich für die DM zu qualifizieren. Dadurch gab es in mehreren Disziplinen auch nur einen Starter.
IIIG-Präsident Hans Pfeiffer bei der Siegerehrung.
Garde Solotanz
Für die Disziplin Gardesolo in der Leistungsklasse hatten sich drei Tänzerinnen qualifiziert. Dort war die Verteilung der Platzierungen sehr eindeutig. Einsam an der Spitze tanzte Saskia Schmitt vom TSC Lindlar. Sie tanzte sichtlich sauberer als ihre Mitstreiterinnen und glänzte mit Beweglichkeit, Sprungkraft und Spannung bis in die Finger- und Fußspitzen. Nach ihrem Vereinswechsel vor der Saison von Leichlingen nach Lindlar hatte sich die fünffache Jugendmeisterin nochmals gesteigert und konnte 48,6 Punkte mit nach Hause nehmen. Damit kam sie zwar nicht an ihre persönliche Bestleistung von der NRW-Meisterschaft, war aber trotzdem zufrieden. „Die Saison lief bei mir mehr als gut“, sagte Saskia Garde & Show. „Ich bin mit meiner Gruppe super zufrieden und wir haben Spaß an dem, was wir tun. Es gab keine Probleme.“ Ihren Vizemeistertitel vom letzten Jahr verteidigen konnte Celine Schumacher vom TSV Rhein-Wupper Leichlingen mit 47,6 Punkten. Dritte mit 45,6 Punkten wurde Svenja Hojer vom MC Sassanfahrt.
In der Disziplin Gardetanz Solo konnte sich die mehrfache Jugendmeisterin Saskia Schmitt auch im ersten Seniorenjahr den Titel ertanzen.
Polka, Gardetanz mit Paaren und Rheinische Garden
Die drei Gardedisziplinen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Bei der Polka gab es mit den „Beatbackz“ der Dance Akademie Jülich nur einen Starter. Mit 46,5 Punkten konnte die Gruppe ihren Meistertitel vom Vorjahr damit natürlich verteidigen. Die acht Tänzerinnen zeigten eine kreative Choreografie mit vielen Schwierigkeiten. Da können sozusagen alle alles mit jeder Seite. Man konnte ihnen ansehen, dass sie keinen Druck hatten und einfach völlig gelöst ihren Tanz präsentieren konnten.
Bei der Polka ganz vorne: Die Dance Akademie Jülich 2004.
Auch beim Gardetanz mit Paaren tanzten die Steinenbrücker Schiffermädchen einsam in ihrer Disziplin. Dies war in dem Fall allerdings leider nicht nur bei der DM so, sondern zog sich durch die gesamte Saison. Die Gruppe wurde vom Publikum mit Standing Ovations gefeiert. Ein ganzer Fanbus war mit zum Turnier angereist. Ihr Tanz ist für die Zuschauer gemacht. Mit 28 Tänzerinnen und Tänzern zeigten sie routiniert ihre Hebungen. Bei den großen Pyramiden stockte der Halle der Atem, denn die obere Tänzerin kratze regelrecht an der Decke. Mit 47,0 Punkten zeigten sie eine gute Leistung. Dies war nicht gerade selbstverständlich, denn die Gruppe hatte großen Stress mit Umstellen. Wenige Tage vor der DM hatte sich eine Tänzerin den Fuß gebrochen und fiel deshalb aus. Schon im Verlauf der Saison verletzte sich einer der Männer, weshalb der eigentliche Trainer für den Rest der Saison einspringen musste.
Die Steinenbrücker Schiffermädchen gehören zu den ältesten IIG-Vereinen und holten als einzige Starter den Titel beim Gardetanz mit Paaren.
Spannend wurde es dagegen bei den Rheinischen Garden. Vier Gruppen hatten sich qualifiziert. Platz eins bis drei unterschieden sich nur durch Nuancen, was auch in den Punktzahlen von 46,9 – 46,8 – 46,7 deutlich wurde. Durchsetzen konnte sich die Garde der Tanzgruppe Mücheln. Mit neuen Kostümen, Sommerfeeling und guten Ideen tanzten sie effektvoll eine moderne Rheinische Garde. Die Größenunterschiede und ein Mann zwischen elf Tänzerinnen störten nicht, sondern bereicherten die Gruppe. Den zweiten Platz sicherte sich die Gruppe „Tanzzauber“ aus Merseburg. Erwachsen, natürlich und voller Eleganz zeigte die Gruppe nur das, was wirklich alle können. Keine Unsicherheiten und kaum Unsauberkeiten waren die Folge. Trainerin Jenifer Adam sagte Garde & Show vor dem Turnier: „Nachdem wir im letzten Jahr in der Kategorie Rheinische Garde pausiert haben, wollten wir in dieser Saison wieder an den Erfolg von vor zwei Jahren anknüpfen, allerdings bisher ohne Erfolg. Die Mädels sind zwei Jahre älter, man sollte denken reifer, aber zeigten bisher auf der Bühne Nerven ohne Ende.“ Deshalb wurde extra für die DM eine Stelle geändert, um kein Risiko einzugehen. Diese Rechnung ging auf und wurde mit dem Vizemeister belohnt. Dritte wurden die Vorjahressieger vom „New Age Dance Team“ aus Strullendorf. Die Gruppe hatte wie so viele andere auch mit Verletzungspech zu kämpfen, sagte Trainerin Michelle Dykes: „Wir hatten leider etwas Pech. Beim letzten Turnier hat sich eine Tänzerin am Knie verletzt. Sie ist auf dem Weg der Besserung aber leider haben wir nun noch eine Tänzerin mit Knieverletzung, die für die Saison ausgefallen ist. Und wegen Abiturprüfungen mussten wir für die DM noch zwei weitere Tänzerinnen ausbauen.“ Dies stärkte jedoch den Zusammenhalt der Gruppe, die sich in kleinerer Besetzung immer noch selbstbewusst und mit dem nötigen Zack präsentierte. Vierter wurde der TuS Lindlar mit 45,8 Punkten. Der Verein hat sich erst 2016 gegründet, ist seit diesem Jahr IIG-Mitglied und kann sich sicher in den nächsten Jahren noch weiter steigern.
Die Tanzgruppe Mücheln freute sich riesig über ihren Deutschen Meistertitel bei den Rheinischen Garden.
Schautanz Solo und Schautanz Duo
Die Schausolo und Schauduo Disziplinen unterteilen sich in künstlerisch und modern. Bei den künstlerischen Solos und Duos gab es jeweils nur einen Starter. Im künstlerischen Schausolo ertanzte sich Valentina Wiesener vom Tanzhaus „ad libitum“ Halle 47,8 Punkte mit „I like for you to be still“. Im künstlerischen Schauduo überzeugten Lea und Valentina Wiesener mit „Rotten spouls“ und bekamen dafür 47,3 Punkte. Über die gesamte Saison dominierte das Tanzhaus die Solo- und Duodisziplinen. Die beiden Tänzerinnen sind hervorragend ausgebildet und tanzen technisch einfach auf einem anderen Niveau. Diese technische Stärke nutzen Valentina und Lea auch aus, um in allen Disziplinen zu überzeugen. Auch beim modernen Schauduo setzten sie sich mit „You were supposed to be different“ durch. Zweite wurden in der Disziplin Friederike Schmidt und Hannes Kölling von der Tanzgruppe Mücheln, die mit „Unvergessen“ einen höchst emotionalen und ergreifenden Tanz auf die Bühne brachten. Voller Emotionen, ganz echt und unaufgesetzt vertanzten sie die Geschichte von jemandem, der einen geliebten Menschen verliert und sich wieder an ihn erinnert. 47,2 Punkte waren die Belohnung für die fabelhafte Leistung der beiden. Mit fünf qualifizierten Tänzerinnen am stärksten besetzt waren die modernen Schausolos. Mit 47,8 Punkten und damit einem deutlichen Abstand zu Platz zwei konnte sich Valentina Wiesener hier mit ihrem Tanz „The last goodbye“ durchsetzen. In allen fünf gestarteten Disziplinen gewann sie mit höchsten Punktzahlen. Zweite wurde Emilie Zimmermann vom Tanzstudio Leuna/Merseburg mit „Helping Hands“. Der dritte Platz ging an Regina Werbelow von der Dance Akademie Jülich mit ihrem gefühlvollen Tanz „Nie wieder“. Vierte und fünfte wurden Sandy Paloch (Tanzgruppe Mücheln) mit „Traumatisiert“ und Pia Westmark (Dance Akademie Jülich) mit „Missing you“.
Valentina Wiesener vom Tanzhaus "ad libitum" Halle bei ihrem Schau Solo künstlerisch "I like for you to be still".
Lea und Valentina Wiesener waren auch beim Schau Duo künstlerisch die einzigen Starter und wurden Deutsche Meister mit ihrem Tanz "Rotten spouls".
Moderne Gruppenformationen ohne Hebungen
Die Showtänze ohne Hebungen waren traditionell stark besetzt. Bei den kleinen Gruppen (4 – 10 Personen) überzeugte das Tanzstudio Leuna/Merseburg mit ihrer „Russendisko“ und räumte damit 47,7 Punkte ab. Es ist ein purer Partytanz, der beim Zusehen Spaß macht und zum Mitsingen animiert. Auf zwei Turnieren hatte er bereits die höchste Gruppenwertung erreicht und war damit auch klarer Titelfavorit. Mit 47,4 Punkten kam die Gruppe „Tanzzauber“, ebenfalls aus Merseburg, nah ran und wurde Vizemeister. Platz drei ging an den TuS Lindlar für ihre Show „Der Club der roten Bänder“. Tänzerin Vanessa sagte dazu: „Bei diesem Tanz geht es um Krankheit, aber vor allem auch um Zusammenhalt. Das hat unsere Gruppe gestärkt und noch mehr zusammengeschweißt.“ Platz vier ging an die „Jaguars“ der TSG Wixhausen.
Party pur bei der "Russendisko" vom Tanzstudio Leuna/Merseburg.
Bei den großen Gruppen ab 11 Personen hatten sich fünf Tänze qualifiziert. Mit stolzen 47,9 Punkten gewann die „JazzADa Jazz No I.“ vom TSV Schleißheim. „Wir hatten viel Verletzungspech und konnten kein Qualiturnier mit der Stammbesetzung tanzen“, berichtete JazzADa-Chef Dieter Armannsberger. „Trotzdem erzielten wir tolle Erfolge. Unser Teamgeist hat gehalten.“ In ihrem Tanz zeigten die 13 Mädels eine entlassene Belegschaft, die das beste daraus macht und einfach eine Showgruppe gründet. Viel Bewegung auf der Bühne und die pure Freude am Tanzen prägten die Show. Ganz anders war der Tanz der zweitplatzierten Gruppe aus Mücheln. In „Which one to choose“ ging es um ein Mädchen, dass zwischen Mann und Frau entscheiden muss. Hin und hergerissen, voller Emotionen und mit einer starken Botschaft zum Ende war dies kein Partytanz, aber trotzdem voller Energie. Dritte wurde das Tanzstudio Leuna Merseburg mit „Bissl verstaubt“. Trainerin Katrin Sieler sagte: „Bisher haben wir bei dem Tanz immer mit Mehl rumgespielt, dass es ordentlich staubt auf der Bühne. Weil es für die anderen Vereine danach jedoch rutschig wurde, wurde uns das Mehl für die DM verboten.“ Trotzdem lieferte die Gruppe eine lustige Show ab und zeigte, dass Barock gar nicht unbedingt verstaubt sein muss. Platz vier ging ans „New Age Dance Team“ nach Strullendorf mit dem Tanz „NADTRIX“. Fünfte wurde die SpVgg Rattelsdorf mit „D.O.C. orange is the new black“.
Die Showtänze ab 11 Personen ohne Hebungen konnten die Mädels der JazzADa No I. vom TSV Schleißheim für sich entscheiden.
Moderne Gruppenformationen mit Hebungen
Bei den Showtänzen mit Hebungen gab es in der Disziplin bis 10 Personen wieder nur einen Starter. Mit „Mr. Bond“ sicherte sich der TSV Leichlingen 43,5 Punkte. Bei den Gruppen ab 11 Personen gewann erstmals die Dance Akademie Jülich mit ihrem Tanz „Can’t hold us“ und 47,2 Punkten. Die Tänzerinnen zeigten eine wütende Entschlossenheit und volle Power. Die Hebefiguren wurden gut in den Tanz integriert und wirkten als stimmiges Gesamtbild. Etwas abgeschlagen mit 45,9 Punkten ging Platz zwei an die sonst so dominante Showtanzformation „Magic Unity“ aus Moers. Bei „Ein turbulentes Wochenende“ ging einfach zu viel schief. Dennoch: Es war ein toller Tanz mit aufwändiger Kulisse und spektakulären Hebungen. Dritte wurde die „New Generation“ vom Gastgeberverein aus Griesheim. 45,8 Punkte gab es für ihre rockige „Biker Show“.
Einzige Starter und Sieger bei den Showtänzen bis 10 Personen mit Hebungen: Der TSV Rhein-Wupper Leichlingen mit "Mr. Bond".
Die Beatbackz von der Dance Akademie Jülich mit ihrer Show "Can't hold us" - Sieger bei den Showtänzen ab 11 Personen mit Hebungen.
Künstlerischer Tanz
Als letzte Disziplin starteten die künstlerischen Showtänze, bei denen es im Gegensatz zu den modernen Showtänzen mehr auf die Technik ankommt. Deutlich erste wurde die Tanzgruppe Mücheln in Kooperation mit dem Tanzhaus „ad libitum“ Halle mit dem Tanz „Remix“. Andrea Wiesener vom Tanzhaus Halle hatte verraten: „Wir starten mit einer Choreografie von Hope Maimane aus Südafrika, der einer der erfolgreichsten Choreografen der Welt ist. Er hat auch das Solo The last goodbye von Valentina gemacht.“ 47,7 Punkte gab es für den Tanz. Platz zwei ging an die Vorjahressieger aus Schleißheim von der „JazzADa No I.“. Die Gruppe verbindet die Technik tänzerisch, anstatt ein Element nach dem anderen zu turnen. Ihrem ganz eigenen Stil bleiben die Tänzerinnen immer treu. Platz drei und vier gingen an die beiden Gruppen vom Tanzstudio Leuna/Merseburg mit „Wenn das Liebe ist“ und „Comet Tail“.
Beim künstlerischen Tanz gewann die Tanzgruppe Mücheln mit ihrer Show "Remix".
Bilder aller Teilnehmer der DM gibt’s auf der Garde & Show Facebook-Seite.
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