Die Deutsche Meisterschaft des BDK in Braunschweig

Es war wieder ein Fest. Ein Fest der Emotionen. Ein Fest der Spannung. Ein Fest der Freude, der Leidenschaft, der Liebe zum Tanzsport. Die diesjährigen Deutschen Meisterschaften des Bund Deutscher Karneval fanden in der Volkswagen-Halle in Braunschweig statt. 12.000 Besucher sahen an zwei Tagen Sport auf höchstem Niveau. Es war die Meisterschaft der Überraschungen, der neuen Meister und der Abschiede.

Liana Wolf ist wieder Deutsche Meisterin.

Tanzpaare

 

Den Anfang machten bei der Ü15 am Sonntag wie immer die Tanzpaare. Schon in dieser Disziplin passierte so viel, dass sich darüber fast ein eigener Text lohnen würde. Schockmoment des Tages war ein Sprung in der Musik von Sarah Danowski und Nico Bonn (KG Wendene Seempött), die als Startnummer zwei auf die Bühne gingen. Die beiden tanzten einen wunderschönen Tanz und wussten nach dem Norddeutschen Meistertitel vor einer Woche: Wir können der Konkurrenz aus dem Süden gefährlich werden. Doch kurz vor Ende des Tanzes setzte auf einmal die Musik aus. „Es waren noch ca. 15 Sekunden. Aber leider ist die Musik schon in der Mitte gesprungen und wir mussten ein bisschen improvisieren. Der Schock war groß, aber jetzt geht es uns gut“, sagte Nico Garde & Show nach dem Tanz. Denn trotz des Musikaussetzers wurde der Tanz gewertet. Und das richtig gut: 460 Punkte bedeuteten am Ende Platz zwei. Nur zwei Startnummern später gingen die Titelverteidiger Selina und Alexej Balzer (Mühlburger Carnevals Gesellschaft) an den Start. Sie hatten kurz vor der DM bekannt gegeben, dass dies ihr letzter Tanz sein wird. Erst Anfang März hatten sie angefangen, wieder regelmäßig zu trainieren. Vorher hatten sie als Paar kein einziges Turnier besucht. „Das ist definitiv unser letzter Tanz. Und das mit Ansage“, sagte uns Alexej im Vorfeld. „Danach werden wir uns nur noch auf die Trainertätigkeit der gemischten und der weiblichen Garde konzentrieren.“ Statt ihren Titel nochmals verteidigen zu wollen, nutzen Selina und Alexej den Auftritt, um sich gebührend von ihren Fans zu verabschieden. Die Musik und die Choreografie waren extra für den Abschiedstanz gemacht worden. Schon während der Tanz noch lief, stand die ganze Halle und bescherte den beiden den Abgang, den sie sich gewünscht hatten. All das war zuvor mit der Obfrau abgesprochen. Sie tanzten damit außer Konkurrenz und bekamen keine Wertung. Direkt nach Selina und Alexej gingen Vanessa Ganser und Robin Bottler (Feuerio Mannheim) an den Start. Sie hatten ein klares Ziel: „Wir wollen ganz klar den Meistertitel mit nach Hause nehmen. Es wird nicht leicht, aber wir werden kämpfen“, hatte Vanessa vor dem Turnier verraten. Und sie machten es wahr. 476 Punkte und damit Platz eins erkämpfte sich das Paar, das den Tanzsport so sehr liebt. Beide sind bereits „alte Hasen“ und tanzen seit vielen Jahren an der Spitze. Erst vor zwei Jahren haben sie aber als Tanzpaar zueinander gefunden und sich in dieser Kombi jetzt noch einmal ihren großen Traum erfüllt. Platz drei ertanzten sich Celine Müller und Fabian Stollsteimer (GFTB Die Filderer) mit ebenfalls 460 Punkten, aber einer niedrigeren Streichwertung. Sie haben sich ihren Treppchenplatz sowas von verdient. Das, was sonst nur einzelne Mariechen an Leichtigkeit auf die Bühne bringen, schafften die beiden als Paar. Jung, modern und athletisch schwebten sie über die Bühne. Dabei hatten sie eine sehr durchwachsene Saison. „Es wollte bis vor einer Woche im Saarland einfach nichts klappen. Anscheinend ist aber seitdem der Knoten geplatzt. Wir sind sehr glücklich mit der Entwicklung“, sagte Trainerin Gae Dittrich. „Wir freuen uns schon auf die neue Saison, in der Hoffnung, dieses Mal wieder von Anfang an durchzustarten und eine konstante Leistung abzuliefern.“

Vanessa Ganser und Robin Bottler.

Weibliche Garden

 

Bei den weiblichen Garden hatte sich bereits im Laufe der Turniersaison abgezeichnet, dass es eventuell einen neuen Deutschen Meister geben könnte. Die Roten Husaren Neuenkirchen waren in den letzten vier Jahren unangefochten auf Platz eins. Doch das war in diesem Jahr etwas anders. Die Roten Husaren haben große Veränderungen durchlebt. Viele der starken, erfahrenen Teammitglieder hatten die Tanzschuhe nach der letzten DM an den Nagel gehangen. „Die neue Gruppe war plötzlich total jung, noch nicht so routiniert und musste sich als Team finden“, teilte das Trainerteam Garde & Show mit. „Wir hatten Startschwierigkeiten, das müssen wir unumwunden zugeben. Aber die Erwartungen an einen vierfachen Deutschen Meister hängen natürlich auch hoch. Jeder sucht kleinste Fehler und erwartet immer die noch ansprechendere Musik, die unerwarteten Formationswechsel, die innovativste Choreografie – will geflasht werden. Und die Konkurrenz schläft ja auch nicht.“ Trotz alledem zeigte die Gruppe aber einen ungebrochenen Willen und wurde mit 476 Punkten belohnt. Diese reichten für Platz drei. Zweite wurde die „Besenbindergarde“ vom KC Röttenbach. Mit einer Masse von 30 Tänzerinnen zeigten sie eine kreative Choreografie und bewiesen, dass man auch mit 30 Tänzerinnen ganz nah nebeneinander in der Reihe ein Rad schlagen kann. Ein Raunen ging an dieser Stelle des Tanzes durchs Publikum. Die dramatisch anmutende Filmmusik passte zu der Gruppe. Für ihre grandiose Leistung wurde sie mit 482 Punkten belohnt. 488 Punkte und damit den Deutschen Meistertitel ertanzte sich die Stadtgarde der Großenritter CG aus Baunatal. Jeder Arm, jedes Bein, jeder Kopf saß. Die Formationen waren auf den Zentimeter genau gestellt. Direkt nach dem Tanz lagen sich die Tänzerinnen bereits in den Armen, weil sie wussten, was sie da geschafft hatten. Jedes Turnier hatte die Garde in dieser Saison gewonnen und damit Titelträume geweckt. Und endlich erfüllte sich dieser Traum wieder, denn seit dem letzten Meistertitel im Jahr 2012 hatte es bisher nie wieder geklappt. Um so größer war die Freude bei den ebenfalls 30 Tänzerinnen.

Die weibliche Garde aus Baunatal.

Gemischte Garden

 

Die gemischten Garden haben seit einigen Jahren fast alle mit Männermangel zu kämpfen. Die Zeiten der großen Garden wie Landau oder Nürnberg sind leider vorbei. Die Disziplin hat sich sehr stark verändert, ist aber wieder auf einem guten Weg. Startnummer eins in dieser Disziplin landete auch auf dem Treppchen ganz oben: die gemischte Garde der GFTB Die Filderer. Die 15 Tänzerinnen und Tänzer präsentierten einen gelungenen Tanz. Zwar ging ein Heber am Ende ab. Das tat der Leistung aber keinen Abbruch. Die Gruppe hatte es zum Start in die Turniersaison nicht leicht. Nach dem ersten Turnier musste sie ihre Musik wechseln und somit auch eine neue Choreografie stellen. „Erst Anfang Januar konnten wir wieder Turniere tanzen“, berichtete Trainerin Gae Dittrich. „Die Gruppe macht das hervorragend, muss aber erst noch wachsen und reifen. Es ist jedes Mal wieder eine Überraschung, was sie da oben hinbekommen oder auch nicht.“ In Braunschweig bekam die Gruppe offenbar ziemlich viel hin und wurde mit 457 Punkten Meister. Zweite wurde die Garde der Mühlburger Carnevals Gesellschaft. Nur ein Punkt trennte sie von ihrer Titelverteidigung. Es sollte aber dieses Mal einfach nicht sein. „Die Vorbereitungen liefen auch bei uns wechselhaft“, sagte Trainer Alexej Balzer Garde & Show. „Trainingsproblematik hier, Zeitdruck da und Beruflich und Privat alles unter einen Hut bekommen – das geht ja vielen anderen auch so. Wir sind da nicht ausgenommen.“ Trotzdem präsentierte die Gruppe eine souveräne, fehlerfreie Leistung und war auch mit dem Vizemeistertitel glücklich. Den dritten Platz belegte mit 447 Punkten die gemischte Garde der KG Schwerfe bliev Schwerfe. Nach dem „undankbaren Vierten“ im letzten Jahre konnte die Garde ihren Erfolg von vor zwei Jahren wiederholen. Das Highlight des Tages war jedoch die rein männliche Garde der KG Humor Merzig. Die Gruppe hatte sich auf ganz normalem Weg für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert. Ein bisschen Glück war auch dabei, doch das Publikum hats gefreut. Der Tanz bekam 251 Punkte von der Jury. Doch die Punktzahl war sowohl den Männern, als auch den Zuschauern egal. Mit tosendem Applaus und Standing Ovations wurde die Gruppe gefeiert. „Wir tanzen nicht für Punkte, sondern für den Applaus“, war das Statement der Gruppe. „Wir legen den Schwerpunkt unseres karnevalistischen Tanzsports auf karnevalistisch.“

Die gemischte Garde der Filderer.

Tanzmariechen

 

Die Tanzmariechen wurden mit Spannung erwartet. Denn nach der 499 im Vorjahr von Liana Wolf (KC Röttenbach) konnte in diesem Jahr einfach alles passieren. Sogar die noch nie dagewesene 500 hatte man Liana im Vorfeld zugetraut. Drei der Wertungsrichter zückten auch wieder die 100. Doch dieses Mal wurde Liana Wolf mit immer noch hervorragenden 495 Punkten Deutsche Meisterin. Sie hat nichts von ihrer Magie verloren. Noch immer schwebt sie über die Bühne wie keine zweite, springt und strahlt wie keine zweite. An Liana wird so schnell keine wieder herankommen. Das wurde auch am Abstand zum zweiten Platz deutlich. Diesen und 484 Punkte ertanzte sich Vereinskollegin Bianca Dürrbeck. Nachdem sie als Mariechen zwei Jahre nicht getanzt hatte, wurde sie im vergangenen Jahr in Halle Vierte. Mit dem Vizemeistertitel konnte sie nun aber noch einmal ihren Traum leben. Ihr sieht man die Freude am Tanzen einfach an. Jeder Tanzschritt drückt aus, wie sehr sie es liebt. Es macht einen riesigen Spaß, Bianca dabei zuzusehen. Ebenso ist es bei Vanessa Ganser. Für Generationen von Tanzmariechen ist sie schon ein Vorbild. Denn seit 2003 ist Vanessa immer unter den Top 5 gewesen – bis zum letzten Jahr, als sie bei der DM sechste wurde. Doch aufgeben kam für Vanessa nie in Frage. So sehr hatte sie gehofft, dass ihre Leistung wieder fürs Treppchen reicht. Ihr Ehrgeiz und Durchhaltevermögen wurde mit 474 Punkten und dem dritten Platz belohnt.

Tanzmariechen Liana Wolf.

Schautänze

 

Für viele die schönste, aber in jedem Fall für alle die abwechslungsreichste Disziplin sollte noch einmal spannend werden. Denn eins ist klar: Bei den Schautänzen kann jedes Jahr alles passieren. Schwere, dunkle und tiefgehende Themen sind in diesem Jahr in Mode. Ein dagegen richtig bunter Tanz erreichte den dritten Platz: „Mit Gefühl…“ vom SV „Die Holzbiere“ Knielingen. Kummer, Wut, Eifersucht, Liebe, Angst und Freude vertanzte die Gruppe mit einem schönen roten Faden. Die Achterbahn der Gefühle kam nicht nur beim Publikum, sondern auch bei der Jury gut an und wurde mit 469 Punkten belohnt. Mitten ins Herz traf der Tanz der zweitplatzierten Gruppe – „In Gedenken an die Trümmerfrauen“ von den Soul City Dancers aus Hof. Fast schon in Richtung Contemporary, so gar nicht BDK-typisch und mit einer unheimlich echten Ausdrucksstärke berührte der Tanz. Aber nicht nur der Ausdruck, sondern auch die tänzerische Umsetzung gehörte zu den besten überhaupt. 480 Punkte wanderten auf das Konto der Soul City Dancers. „Für uns steht jetzt eine wohlverdiente Pause an und wir sind bereit für aufregende, neue Sachen“, freute sich Trainer Peter Scheufler. Getoppt wurde diese Leistung nur noch vom KC Röttenbach und ihrem Tanz „Top secret“.  Und dieser war nichts für schwache Nerven. Im Tanz ging es um die streng geheime Area 51 – ein militärisches Sperrgebiet in den USA. Ob Kriegswaffen, Raketentests oder Aliens? All das stellten sich die Tänzerinnen und Tänzer vor, was in dieser Area 51 passieren könnte. Mitgerissen von wummernden Bässen, starken Kostümen und Kulissen und einem perfekt umgesetzten Tanz vergab die Jury 489 Punkte. „Wir sind natürlich zufrieden. Die Ergebnisse sprechen für sich“, war Trainerin Ivonne Gedigk überglücklich. „Nach der DM machen wir erstmal eine Pause. Die haben wir auch so langsam nötig.“ Damit sprach sie aus, was viele gedacht haben. Eine intensive Saison liegt hinter allen Tänzerinnen und Tänzern. Nach kurzer Pause wird überall in Deutschland wieder angefangen zu trainieren. Denn wir wissen: Im Sommer werden die Meister gemacht. Und nächstes Jahr sehen wir uns alle wieder. Und dann in der Mitte Deutschlands. Im „grünen Herzen“ – der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt.

"Top secret" vom KC Röttenbach.

Bildergalerie

 

Alle Teilnehmer der Deutschen Meisterschaft im Bild: